Achtsam umgehen mit Aufschieberitis

Es gibt eine Aufgabe, die ständig zu erledigen bleibt? Und du solltest endlich damit anfangen? Etwa 15 % der Erwachsenen schiebt chronisch wichtige Dinge auf. Hier ist ein neuer Ansatz …


Hier ist ein neuer Ansatz um an- statt aufzuschieben, der keine bekannten Methoden erfordert, wie Zeitmanagement, Prioritäten setzen oder mit kleinen Schritten zu beginnen. Was du für diesen Ansatz brauchst, ist eine andere Perspektive auf das Aufschieben. Schauen wir uns an, wie Emma mit einer schwierigen Aufgabe umgeht.

Nicht dazu kommen,
ist wie tief in einem verworrenen Wald feststecken

Ausräumen ekelt an

Der Fahrradschuppen ist so chaotisch, dass Emma ihn reinigen muss, aber er riecht vermieft. Das ekelt sie an. Das ist so ein unangenehmes Gefühl, dass sie diese Aufgabe scheut. Sie schiebt sie auf nächstes Wochenende. Am Samstag denkt sie an den Fahrradschuppen und spürt gleichzeitig den Ekel. Ihr Freund sagt, was sie ihm immer sagt, wenn er seine Socken nicht aufräumt: „Tu das einfach jetzt, es wird keinen Moment geben, in dem du mehr Lust hast.“

Brombeer so stachelig wie schwierige Emotionen
Schwierige Emotionen sind so stachelig
wie Brombeerstangel

Sein Nachäffen steckt in ihrer Brust, sie spürt Geringschätzung. Statt den Schuppen zu reinigen, bügelt sie lieber, das ist es, was getan werden muss. Eine Woche später ist es ihr sehr peinlich, dass sie den Fahrradschuppen noch immer nicht aufgeräumt hat. Also zieht sie ihre Arbeitskleidung an und erledigt die Arbeit in flotten zwei Stunden. Emma hat ihre Aufgabe geschafft, aber wie kann sie das nächste Mal rechtzeitiger und angenehmer arbeiten?

Das Unangenehme vermeiden

Die Essenz ist, dass Emotionen hier die Hauptrolle spielen. Erst als die Gefühle sehr unangenehm wurden, hat Emma mit der Aufgabe angefangen. Es begann mit Ekel. Statt sich einfach dem Ekel zu stellen und ihn auszuhalten, hat Emma etwas getan, das ein weniger unangenehmes Gefühl erzeugte.

Angst führt zum Verlust der Orientierung

Eigentlich ist Aufschieben also ein Weg, um mit einem unangenehmen Gefühl umzugehen. Das Lästige ist, dass diese unangenehme Emotion nicht von selbst verschwindet. Im Gegenteil, von jetzt an klebt diese unangenehme Emotion an der Aufgabe. Je länger du aufschiebst, desto mehr Negativität kommt dazu. Du denkst an die Aufgabe, und gleichzeitig spürst du all das Negative, das daran klebt. Eckert et al. sagen es so: “ Aufschieberitis ist eine kurzfristige Stimmungsreparatur.” Kurzfristig, weil die Stimmung ist nicht nachhaltig verbessert. Nach Monaten des Aufschiebens erfahren wir Gefühle wie Wut, Schuld, Scham, Verzweiflung, Abwertung.

Zuletzt werden die Emotionen des Aufschiebens
zu einer schweren Belastung.

Und der aufschiebende Mensch identifiziert sich damit: ‚ich bin ein Aufschieber‘, anstatt zu denken ‚ich habe Aufschieberitis und sollte meine Medizin dagegen nehmen.‘ Zum Glück gibt es bewährte Methoden, um besser mit diesen Aufschiebegefühlen umzugehen. Was ist also die Medizin?

Was du tun kannst, um diese Aufschieberitis zu stoppen

Deutsche Wissenschaftler haben übers Internet Aufschieber beigebracht, ihre Emotionen besser zu regulieren (Anmerkung 1). Wenn die Probanden ihre neuen emotions-regulierenden Fähigkeiten anwandten, dann waren sie in der Lage, die Versuchung zu überwinden, ihre Stimmung durch Aufschieben zu kontrollieren.

Ein Perspektivwechsel kann
eine schwierige Emotion erleichtern

Amerikanische Wissenschaftler ließen ihre Probanden Vergebungsmeditation durchführen (Anmerkung 2). Es wurde festgestellt, dass die Reduzierung negativer Gefühle die Aufschieberitis verringerte. Allerdings schoben die Menschen nur dann weniger auf, wenn ihr Aufschiebgrad beim Eingangstest hoch war. Wenn ihre Aufschieberitis noch nicht so groß war, bekam eine Vergebung nur noch einen weiteren Grund aufzuschieben.

In beiden Untersuchungen hatten die Probanden nach das Training eine geringere Tendenz, die Dinge aufzuschieben. Der Unterschied zur Kontrollegruppe war nicht groß, aber das war auch nicht zu erwarten, weil Aufschieberitis so viele Ursachen kennt, und so dauerhaft stabil ist.

Sanft Echtes Herzgespann berühren ist wie vergeben

Auf jeden Fall gibt es zwei neuen Ansätze, um Dinge seltener aufzuschieben!


Deine eigenen emotionsregulierende Fähigkeiten trainieren

1. Wähle eine Aufgabe, am besten eine tägliche, die du am häufigsten verschiebst.

2. Beobachte, was mit dieser Aufgave verbunden ist. Sind es negativen Emotionen oder ist es ein Mangel an positiven Emotionen?

3. Probiere die negativen Emotionen, zum Beispiel Angst vor dem Scheitern, oder den Mangel an positiven Emotionen einige Minute wahrzunehmen und auszuhalten.

3. Wahrnehmen von Mangel an positiven Emotionen
4. Und wie ist es, wenn die Aufgabe fertig ist?

4. Bei Mangel an positiven Emotionen: stelle dich vor welche Gefühle du spürst, wenn diese Aufgabe erledigt ist. Zum Beispiel: Veroni schob das Gießen van Zimmerplanzen auf. Bei dieser Übung wurde sie sich bewusst, dass sie grüne, lebendige Pflanzen in ihrer Wohnung liebt, und davon fröhlich wird.

3. Negative Emotionen wahrnehmen
4. Was ist der Schaden, wenn du es nicht tust?

Bei negativen Emotionen: entspanne dich kurz. Stelle dich vor was der Schaden sein kann, wenn du es nicht tust. Was ist die Chance auf das negative Ergebnis, und entscheide schließlich, ob du die Aufgabe erfüllen würdest. Zum Beispiel: Annie hatte das schwierige Gespräch hinausgezögert. Das Gespräch nicht führen werde die Situation eskalieren. Allerdings schätze sie auch ein, dass selbst ein negatives Ergebnis ihr Selbstwertgefühl kaum mindern würde.

5. Bewerte nach der Ausführung der Aufgabe, wie du mit den Gefühlen umgegangen bist.

6. Mache das Training zwei Wochen lang jeden Tag.

Änderung in positive Gefühle

Deine negativen Gefühle sanftigen durch Selbstvergebung (Anmerkung 3)

1. Bestätige, dass du etwas objektiv falsch gemacht hast, und übernehme die Verantwortung für diesen Fehler.

2. Erlebe Gefühle von Schuld und Reue.

Verwandeln von Schuldgefühlen in Selbstannahme

3. Überwinde diese Gefühle (Selbstvergebung) und erlebe einen Wandel von der Selbstbestrafung zu Selbstannahme. Eine Technik ist Vergebungsmeditation.

4. Vergebungsmeditation: Nimm deine Meditationsposition ein. Sage innerlich: Ich vergebe mich selbst, dass ich die Dinge aufgeschoben habe. Ich vergebe mich selbst, dass ich … Alles, was mit dem Aufschieben einhergeht, verzeihst du dich selbst.

Und wenn du es nicht weißt? Dann sage ´Ich vergebe mich selbst, dass ich nicht verstehe, wieso ich die Dinge verzögere.´ Sei sanft zu dir selbst. Wenn du anfängst, über das Aufschieben oder andere Dinge nachzudenken und nicht mehr die Vergebungs-Sätze sagst, dann bemerken, sein lassen, entspannen, lächeln, und wieder den Satz sagen.

Midwinter: mit der Vergebungsmeditation
geht die Sonne strahlend auf
Anmerkungen

Anmerkung 1. Overcome procrastination: enhancing emotion regulation skills reduce procrastination. Marcus Eckert, David D Ebert, Dirk Lehr, Bernhard Sieland, Matthias Berking. Learning and individual differences; 52; 10-18, 2016

Anmerkung 2. I forgive myself, now I can study: How self-forgiveness for procrastinating can reduce future procrastination. Michael J.A. Woh, Timothy A. Pychyl, Shannon H. Bennett. Personality and Individual Differences; 48;7: 803-8, 2010.

Anmerkung 3. T. Pychyl. Don’t delay; understanding procrastination and how to achieve our goals. Psychology Today, March 14, 2009